Was macht Pflanzenöle in der Hautpflege so wertvoll?

Pflanzenöle gehören zu den elementaren Bausteinen einer guten Hautcreme. Sie sind so unterschiedlich wie die Pflanzen, aus denen sie gewonnen werden. Pflanzenöle bestehen aus verschiedenen Fettsäuren sowie Fettbegleitstoffen. Die einzelnen Fettsäuren sind mit einem Alkohol, dem Glycerin, verestert. Da jeweils drei Fettsäuren an ein Glycerinmolekül gebunden sind, nennt man sie Triglyceride. Die Fettsäuren setzen sich im Wesentlichen aus Öl-, Linol-, Palmitin-, Stearin-, Alpha- und Gamma-Linolensäure in unterschiedlichem Verhältnis zusammen. Vitamine, Provitamine, Carotinoide und Phytosterole bilden die Fettbegleitstoffe.

Fettsäuren unterscheiden sich durch ihre Kettenlänge (Anzahl der Kohlenstoffatome) sowie durch die Anzahl und Lage möglicher Doppelbindungen. Die Kohlenstoffreihe von gesättigten Fettsäuren ist gerade und unverzweigt. Sind in der Molekülkette Doppelbindungen vorhanden, handelt es sich um ungesättigte Fettsäuren. Einfach ungesättigte Fettsäuren weisen eine Doppelbindung auf, sind mehrere Doppelbindungen vorhanden, spricht man von mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Je nach Anzahl der Kohlenstoffatome handelt es sich um kurzkettige (bis sieben C-Atome), mittelkettige (acht bis zwölf C-Atome) oder langkettige (über zwölf C-Atome) Fettsäuren. In vielen (Fach-)Publikationen findet man meist nur die Kurzbezeichnungen der Fettsäuren, z. B. C18:0 oder C18:1. Diese Abkürzungen werden gemäß dem Muster der Kohlenstoffkette der Fettsäuren verwendet. Das »C« steht für Kohlenstoff, die Zahl vor dem Doppelpunkt nennt die Anzahl der Kohlenstoffatome und die Zahl nach dem Doppelpunkt gibt an, wie viele Doppelbindungen die Fettsäure aufweist.

Anhand dieser Abkürzungen erkennt man, dass es sich bei C18:1 (Ölsäure) um eine langkettige Fettsäure mit 18 Kohlenstoffatomen handelt. Die eine Doppelbindung weist sie als einfach ungesättigte Fettsäure aus. Je mehr Verzweigungen vorhanden sind, desto leichter reagieren die Fettsäuren mit Sauerstoff. Man spricht auch vom Oxidieren oder Ranzigwerden der Öle. Wie weit die Oxidation fortgeschritten ist, kann man an einer hohen Peroxidzahl erkennen. Leider können wir diese Zahl nicht selbst ermitteln, sie wird im Labor bestimmt. Wir müssen uns auf unsere Nase verlassen. Ranzige Öle erkennt man deutlich an muffigem oder tranigem Geruch. Diese dürfen auf keinen Fall in Kosmetika oder Seifen verwendet werden.

Was die Jodzahl eines Öls aussagt

Neben ihrer individuellen Zusammensetzung weisen Pflanzenöle auch unterschiedliche Eigenschaften in ihrem Verhalten auf. Streicht man sie auf eine Trägerplatte (Glasplatte), verharzen sie nach einiger Zeit. Das heißt, durch Sauerstoffeinfluss trocknet das Öl und bildet einen elastischen Film. Einige von ihnen trocknen sehr schnell, andere deutlich langsamer. Anhand der Jodzahl erkennt man, wie schnell ein Öl trocknet. Die Jodzahl ist eine chemische Kennzahl zur Charakterisierung von Fetten. Sie wird im Labor ermittelt und im Analysezertifikat, dem Ölbegleitpapier, angegeben.

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Die Begriffe »nicht trocknend«, »halb trocknend« und »trocknend« haben also nichts mit »Trockenheit« im Sinne von »zu wenig feucht« zu tun.

Die Haptik

Je nach Zusammensetzung und Viskosität (d. h. Zähflüssigkeit) unterscheiden sich die Öle auch in ihrer Haptik (Tast-Sensorik, den Tastsinn betreffend). Einige werden allgemein als besonders leicht empfunden, andere hingegen als schwer, fettig und aufliegend. Pflanzenöle, die vorwiegend mittelkettige, gesättigte Fettsäuren aufweisen, fühlen sich auf der Haut leicht an. Als schwer, fettig und aufliegend werden häufig Öle empfunden, deren Fettsäuremuster durch langkettige, gesättigte Fettsäuren geprägt ist. Pflanzenöle, deren Fettsäurezusammensetzung aus langkettigen, ungesättigten Fettsäuren besteht, liegen etwa in der Mitte. Zusammenfassend lassen sich drei Gruppen bilden:

  • Gruppe 1:
    Leicht: gesättigte, mittelkettige Fettsäuren. Sie werden allgemein als wenig fettend empfunden, tragen zu einem angenehm leichten Hautgefühl bei.
  • Gruppe 2:
    Mittel: ungesättigte, langkettige Fettsäuren. Sie verleihen der Emulsion ausgezeichnete Pflegewirkung und bilden daher die Hauptkomponente einer Ölmischung.
  • Gruppe 3:
    Schwer: gesättigte, langkettige Fettsäuren. Sie wirken häufig schwer und fettig, ziehen langsam ein, hinterlassen einen deutlichen Pflegefilm auf der Haut.

Die Fettbegleitstoffe

Weitere Parameter, die das Hautgefühl prägen, sind die Fettbegleitstoffe sowie die Viskosität eines Öls. Vergleicht man beispielsweise das grüne Avocadoöl mit dem roten Weizenkeimöl, stellt man zunächst bezgl. Viskosität kaum Unterschiede fest, beide sind relativ dickflüssig. Stellt man aber die Zusammensetzung der beiden Öle einander gegenüber, ergeben sich große Unterschiede. Avocadoöl besteht aus einem hohen Anteil an einfach ungesättigter Ölsäure und verfügt über einen hohen Lecithingehalt. Beim Auftrag auf die Haut wird es zunächst als sehr fettig und reichhaltig wahrgenommen. Doch das enthaltene Lecithin sorgt dafür, dass es von der Haut gut aufgenommen werden kann. Betrachtet man nun die Zusammensetzung des Weizenkeimöls, könnte man annehmen, dass dieses aufgrund seines hohen Anteils an mehrfach ungesättigter Linolsäure ein leichteres Hautgefühl erzeugen müsste. Dass dem nicht so ist, liegt am relativ hohen Anteil der langkettigen, gesättigten Palmitinsäure sowie dem wesentlich geringeren Lecithingehalt. Weizenkeimöl liegt dadurch länger auf der Haut und wird als fettiger und schwerer empfunden als andere Öle mit hohem Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren.

Maßgeblich für die Ölauswahl ist also nicht nur die Fettsäurezusammensetzung, auch die Fettbegleitstoffe sollte man im Blick behalten. Pflanzenöle sind jedoch Naturprodukte, sie sind den klimatischen Bedingungen eines Jahres, dem Anbaugebiet und weiteren Parametern unterworfen. Daher schwankt ihre Zusammensetzung von Charge zu Charge geringfügig. Die exakten Fettsäurewerte eines Pflanzenöls können nur durch eine Analyse im Labor bestimmt werden. Sie gelten nur für diese eine Charge. Betrachten Sie daher die Angaben im zweiten Teil des Buches als Circawerte, die Ihnen zur Orientierung dienen sollen. Für selbst gemachte Kosmetikprodukte und Seifen reichen diese Circaangaben völlig aus.

Esteröle - Die kleinen Helfer für professionelle Cremes

Selbst gemachte Cremes werden sich auch bei sorgfältiger und kenntnisreicher Auswahl der Öle und anderen Zutaten immer von industriell hergestellten Produkten im Hautgefühl, das sie nach dem Auftragen hinterlassen, unterscheiden. Das liegt daran, dass die (Natur-)Kosmetikindustrie neben pflanzlichen Ölen häufig auch sogenannte Esteröle einsetzt. Diese werden aus mittelkettigen, gesättigten Fettsäuren hergestellt, indem man die Fettsäuren zunächst isoliert, um sie anschließend mit Glycerin neu zu verestern. Dadurch lassen sich die Eigenschaften der Fettstoffe genau auf den Einsatzzweck einstellen. Esteröle sind sehr dünnflüssig, fetten nicht nach, erzeugen ein ausgeprägtes Glätte- sowie ein wunderbar leichtes Hautgefühl und tragen dazu bei, dass die Emulsion schnell einzieht. Esteröle dürfen in Naturkosmetik bis zu einem Anteil von 10 Prozent enthalten sein, sofern die Ausgangsstoffe aus pflanzlichen Quellen stammen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass 5 bis 10 Prozent in der Ölmischung vollkommen ausreichen, um der Creme eine angenehme, leichte und nicht fettende Haptik zu verleihen. Werden bei der Ölauswahl alle Parameter weitgehend berücksichtigt, entstehen Emulsionen mit äußerst angenehmer Textur und Haptik.

Für Ihre Rezeptplanung können Sie sich an folgender Tabelle orientieren:

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